Hauptinhaltsverzeichnis   Großer Übersichtsplan und Gartenbereiche Geschichte, Funktionen und ästhetische Konzeption des Gartens Virtuelle Rundgänge, Rundblicke, Durchblicke und Ansichten von früher und heute Besondere - v.a. architektonische - Ausstattung Botanisches Impressum, Literatur, Danksagung und mehr
 

 
Ausgangssituation

Graf Anton Günther u. Dänen-Zeit

Rastede

Gelände

Anfänge

Lasius-Plan

Bosse-Plan

Vergrößerungen

Grundriss-Vergleich

20. Jahrhundert

Ästhetische Konzeption

Funktionen und Intentionen

 

Funktionen und Intentionen

Was die Absichten, die der Anlage des Schlossgartens zugrunde lagen, anbelangt, so kann man sicherlich auch die Gartenschöpfung Peter Friedrich Ludwigs mit der latenten Sehnsucht nach einem arkadischen, goldenen Zeitalter voller Frieden und Harmonie verknüpfen. Tatsächlich kann man den Schlossgarten als ein kleines Paradies inmitten des städtischen Alltags betrachten, das die ideale Gelegenheit bietet, ein wenig Abgeschiedenheit in und mit der Natur zu erleben.

Schwieriger ist es jedoch, die Intentionen auf der Folie gartenästhetischer Konzepte zu bestimmen. Eine eindeutige Bestimmung der ursprünglichen Absichten, die der Anlage des Gartens oblagen, ist insofern nicht möglich, da notwendiges Material, wie etwa interpretierbare Gartenarchitekturen oder persönliche Aussagen des Herzogs, nicht vorhanden sind. Somit ist man auf Vermutungen angewiesen, wobei man den Garten auf den Hintergrund von drei unterschiedlichen Bedeutungsebenen sehen kann:

Auf einer ersten Bedeutungsebene könnte man den Schlossgarten als Landschaftsgarten englischen Stils im Kontext der Gedankenwelt der Aufklärung sehen. So wie die Freiheit des Menschen im Naturrecht begriffen sei, so habe die Natur ihrerseits frei von domestizierenden Eingriffen des Menschen (wie sie im Barock-Garten durch Geometrisierung der Natur vorgenommen wurden) zu sein. Vor allem wegen seiner freien Konzeption, aber auch, weil der Schöpfer Peter Friedrich Ludwig ein aufgeklärter Mann war, bietet der Schlossgarten Raum für eine solche Deutungsebene. Dem steht jedoch entgegen, dass - wie schon oben bemerkt - entsprechende Staffagebauten wie etwa ein Tempel der Tugend oder der Freundschaft usw. fehlen, die eine Orientierung am Begriff der Freiheit begründen könnten.

Andererseits könnte man - einem anderen gartenästhetischen Konzept folgend - auf einer zweiten Bedeutungsebene den Schlossgarten als Ort der religiösen Naturbetrachtung und -Erfahrung verstehen, was sich vor allem aus zwei Gründen anbietet:
Erstens, da zahlreiche Gartenschöpfungen um 1800 mit eben dieser Absicht abgelegt wurden. Die Natur wurde als vollkommene Schöpfung Gottes betrachtet und - was mit den philosophischen Strömungen des Pietismus und Deismus in Verbindung zu bringen ist - eine Synthese mit ihr als der sicherste Weg zu Gott angesehen, wobei der Garten als der ideale Ort für eine solche Sythese galt.
Zweitens, weil sich der Landschaftsgarten des Reichsfreiherrn Edzard Mauritz bei Schloss Lütetsburg wohl als ein religiöser bestimmter interpretieren lässt (*) und, da an ihm ebenfalls die beiden Bosses gearbeitet haben, insofern eine direkte Beziehung zum Oldenburger Schlossgarten besteht. Doch ob eine solche Deutung des Oldenburger Schlossgartens tragfähig ist, muss bezweifelt werden, da bspw. das Gesamtkonzept der Anlage keinerlei sakrale Bezüge enthält. (*) .

Eine dritte Bedeutungsebene könnte der vorstehend skizzierte "religiöse Ansatz" sein, doch gewissermaßen gereinigt von religiösen Bezügen. Naturbetrachtung führt also nicht mehr zur Synthese mit Gott, sondern verweist auf das die Natur betrachtende Subjekt, das seine Stimmungen in der Natur wiederfindet bzw. von der Natur in Stimmungen versetzt wird. In einem solchen sentimentalen Garten geht es also nicht mehr um das (Ge-) Denken an etwas oder das Fühlen von etwas, sondern "vielmehr geht es um die Tiefe der Empfindung und der Gefühle und nicht so sehr um deren Ziel." (*) Doch ob solche Überlegungen bei der Anlage des Schlossgartens eine Rolle gespielt haben, ist nicht nachweisbar.

Allenfalls die Nähe des sentimentalen Ansatzes zum u.a. von Humphrey Repton vertretenen pittoresken Ansatz des englischen Landschaftsgartens, nach dem ein Garten abgelöst von moralischen oder religiösen Bindungen vor allem malerisch-schön zu sein habe, sowie der Umstand, dass Repton vermutlich das Konzept des Oldenburger Schlossgartens beeinflusste, eröffnet vielleicht eine Deutungsmöglichkeit des Schlossgartens.

Abgelöst von gartentheoretsichen Konzepten kann man den Garten natürlich auch als Spiegelung der persönlichen Interessen seines Schöpfers Peter Friedrich Ludwig erklären. Der Garten ist nämlich, betrachtet man die Konzeption, eher nach Nutzen denn nach Bedeutung aufgeteilt: Im Garteninneren bilden Küchen- und Obstgarten zwei Nutzgärten, die über ein Siebtel der Gesamtfläche beanspruchen und der Versorgung des Schlosses gedient haben. Der Schlossgarten hatte also zunächst einmal eine ökonomische Funktion.

Desweiteren ist bekannt, dass der Herzog ein ausgeprägtes botanisches Interesse gepflegt hat, was die Errichtung eines Gewächshauses für "fremde" Pflanzenarten erklärt. Dieses botanische Interesse kommt bspw. auch in dem Umstand zum Ausdruck, dass der Schlossgarten 1845 insgesamt verfügte über "450 Bäume und Sträucher, 116 Sorten Obstbäume (Hochstamm und Spalier), 1300 Arten Topfgewächse, 500 Arten Stauden, 100 Sorten [...] Rosen, 200 Sorten Sommerblumen, 250 Sorten Dahlien." (*) In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts traten dendrologische Interessen deutlich hervor, die sich z.B. in der Anlage des Pinetums zeigten.

Der eigentliche Landschaftsgarten hatte, da er der Population Oldenburgs nicht sofort zugänglich war, wohl die Funktion eines persönlichen Rückzugs- und Naturgenussortes für den Herzog. Auch nach 1836, als der Schlossgarten für das Publikum geöffnet wurde, behielt der Garten bedingt diese Funktion, da der Blumengarten (und später der Reservierte Garten) der herzoglichen Familie vorbehalten blieb.

Mit der Öffnung des Gartens konnten auch die Oldenburger Bürger im Schlossgarten Zersteuung und Erholung finden. Als Bürgergarten bot er aber nicht nur Platz für den Erholungssuchenden, sondern fungierte gewissermaßen auch als Promenade des Oldenburger Bürgertums.

Die Öffentlichkeit profitiert bis heute von dem Garten und kann diesen als paradiesisches Inselchen inmitten der Stadt genießen. Neben den Erholungs- und Freizeitwert tritt heute ein anderer wichtiger Aspekt: als historisch bedeutender Garten steht der Schlossgarten unter Denkmalschutz, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, dieses Fleckchen Paradies auch für die Zukunft zu erhalten. Hierbei wäre ein Konzept zu verfolgen, das einerseits den Nutzungsbedürfnissen der Bürger Rechnung trägt und andererseits die historische Substanz erhält bzw. - bei Akzeptanz als historisch schützenswert klassifizierter Änderungen und Eingriffe späterer Entwicklungsphasen - die ursprüngliche Konzeption wiederherzustellen versucht.